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Béla Bartók:

Für Kinder / For Children

38 Gitarrenduos für den Unterricht 
bearbeitet von Siegfried Steinkogler
Universal Edition Wien

 

 

Béla Bartók hat Zeit seines Lebens mit großem Eifer Volkslieder gesammelt. Seine zwischen 1904 und 1936 unternommenen Bildungsreisen - oftmals zusammen mit seinem Komponisten-Kollegen Zoltán Kodály - führten ihn durch viele ungarische, rumänische, slowakische und andere Regionen bis hin nach Nordafrika und ins entlegene Anatolien. Dabei fertigte er phonographische Aufnahmen an und studierte, sortierte und dokumentierte tausende von Liedern mit minutiöser Genauigkeit. Die hierbei gewonnenen Erkenntnisse hielt er in wissenschaftlichen Abhandlungen fest. 

 

Für ihn als Komponisten kam die Urkraft der Melodie aus dem Volk, aus der Volksmusik, wie er sie bei den einfachen, nicht akademisch gebildeten Leuten in vielen ländlichen Gegenden kennen gelernt hatte. Obwohl der ungarische Meister in seinen Orchester- und Kammermusikwerken nicht auf diese Volkslieder zurück griff, so besitzen doch viele seiner eigenen Melodien in ihrer formalen und strukturellen Klarheit beinahe Volksliedcharakter. In seinem Klavierwerk und Klavierliedern hat Bartók sich hingegen sehr intensiv mit den von ihm zusammen getragenen Volksmelodien auseinander gesetzt. Als heraus ragendes Beispiel hierfür dürfen die allseits bekannten „Rumänischen Volkstänze“ gelten, die in zahlreichen Adaptierungen für diverse Besetzungen existieren.

 

Das den gegenständlichen Bearbeitungen zu Grunde liegende Werk „Für Kinder“ verfasste Bartók in den Jahren 1908/09 und revidierte es noch einmal im Jahr 1943 in Amerika. Somit darf es als eines der ersten zyklischen Werke gelten, in denen sich der Komponist systematisch mit Volksliedgut auseinander setzte, wobei er für den 1. Band ungarische, für den 2. Band jedoch slowakische Lieder auswählte.

 

Rein äußerlich wie einfach gesetzte Kinderlieder angelegt, bot Bartók dem Schulbereich - Schülern wie Lehrern - ein Novum, als dessen heraus ragendste Charakteristika die harmonische Variation sowie das scheinbare Divergieren von Melodie und Begleitung hervor gehoben werden müssen.

 

Der Herausgeber selbst hat diese Miniaturwerke erst zu Beginn des Studiums in einer Fassung für Gitarre solo kennen gelernt und dabei - unbewusst - viel in Sachen Melodienbildung und deren meisterhafte Verarbeitung gelernt. Die Bearbeitung dieser Stücke für Gitarre solo bedeutete eine veritable Bereicherung des Gitarrenrepertoires um gehaltvolle Musik eines anerkannten Meisters, hatten aber den Verlust der erklärten Zielgruppe zur Folge, da diese Stücke für Kinder wie für den Anfängerunterricht mit zu großen spieltechnischen Schwierigkeiten verbunden waren.

 

In der vorliegenden Ausgabe wurde darauf Rücksicht genommen, zumindest eine der beiden Stimmen für Anfänger im Kindesalter spielbar zu gestalten. Bei insgesamt zehn Stücken wird die Melodie ausschließlich in der 1. Lage ausgeführt. Die Nummern 1, 3, 4, 9, 18, 20, 21, 22, 24 und 33 eignen sich somit besonders gut als Einstieg in die Musik Béla Bartóks. Schüler im Alter von 7 Jahren aufwärts erlernen das Prinzip des Lagenspiels an Hand von einfachem und doch in jeder Weise professionellem Spielmaterial, und können ihre Kenntnisse auf Grund des leicht ansteigenden Schwierigkeitsgrades sukzessive vertiefen und erweitern. In Einzelfällen werden auch Kinder jüngeren Alters diese Stücke in Duo-Form spielen; Lehrende werden dann eher auf besonders leicht fassliche Einzelsätze zugreifen (Nr. 1, 18, 20).

 

Um eine adäquate Interpretation zu gewährleisten, wurde auf ausreichende Fingersätze für beide Hände Wert gelegt. Gebräuchliche Bezeichnungen wie die Ziffer im Kreis für die Saitenangabe oder die Römische Zahl für die Position sollten dem Schüler verinnerlicht werden. Auf diese Weise werden die jungen Spieler schon bald beginnen, in Eigenregie weitere Melodien aus ihrem Heft einzustudieren, was deren Selbständigkeitsstatus und Hang zur Kreativität entschieden fördern wird. Die gängige Schreibweise „Ziffer mit waagrechter Linie“ wurde in einigen Fällen durch eine Verbalformulierung ersetzt (etwa: „2. Finger bleibt bis Takt 16 liegen“). Diese Spielanweisungen wie auch Angaben zu Tempo und Tempoveränderung müssen in jedem Fall eingehalten werden, um den nötigen Spielfluss und den dramaturgischen Aufbau der Stücke zu garantieren. 

 

Siegfried Steinkogler,

Linz, im Juni 2017

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